Stratigraphie von Deutschland II

Ordovizium, Kambrium, Vendium, Riphäikum

Teil I: Thüringen, Sachsen, Ostbayern

Mit Beiträgen von

E. Bankwitz, P. Bankwitz, H.-J. Berger, H. Brause, A. Docekal, B.-C. Ehling,
O. Elicki, F. Falk, A. Frischbutter, G. Geyer, G. Hirschmann, K. Hoth,
H. Kemnitz, E. A. Koch, M. Kurze, D. Leonhardt, U. Linnemann, W. Lorenz,
H. Lützner, M. Mann, J. Rohrmüller, G. Stettner, K.-A. Tröger, H. Wiefel

Zusammenfassung

Die präsilurischen Gebiete im Südosten Deutschlands (in Thüringen, Sachsen und Ostbayern) erstrecken sich über 300 km in SW-NE-Richtung und sind bei einer Breite von 150 (-300) km das wichtigste oberflächennah zugängliche Gebiet vorsilurischer Bildungen in Deutschland. Im Südosten hat dieser Raum unmittelbaren Anschluss an die Kernteile des Böhmischen Massivs. Die in den genannten Gebieten bekannten stratigraphischen Einheiten des Ordoviziums und Kambriums, des Vendiums und Riphäikums werden in diesem Glossar behandelt und definiert. (Abb. 1)

Zunächst wird die Entwicklung der stratigraphischen Gliederung des alten präsilurischen Gebirges in Deutschland besprochen, und zwar in den Erkundungsetappen 1860 – 1920, 1921 – 1950 und 1951 – 1995. Nachdem in der 2. Etappe mehrfach der paläontologische Nachweis von Kambrium gelang, sind in der 3. Etappe die Kenntnisse über die Stratigraphie des präsilurischen Grundgebirges insgesamt wesentlich verbessert worden. Nun ist auch hohes Proterozoikum paläontologisch belegt. Der heute erreichte stratigraphische Kenntnisstand im präsilurischen Gebirge Deutschlands ist das gemeinsame Werk mehrerer Geologen-generationen: er wird in der Zunkunft sicher noch verbessert werden.

Danach wird die Systematik der lithologisch-faziellen Charakterisierung der stratigraphischen Einheiten besprochen. Sie wurde in mehreren Subkommissionssitzungen gemeinsam erarbeitet, getestet und korrigiert. Mindestens 20 Merkmale oder Merkmalsgruppen sollen die einzelnen stratigraphischen Glieder (i. a. Gruppen, Formationen/Folgen, Schichten/members) hinsichtlich Begriffsgeschichte, Lithologie, Verbreitung, Grenzen, Mächtigkeit, Fazies- und Sedimentationsbedingungen, Fossilführung, radiometrischer Daten und Stratigraphie charakterisieren. Angaben zu Deformation und Metamorphose sowie Literaturhinweise sollen das Umfeld beschreiben. Es folgen kurze Bemerkungen zum prinzipiellen Kenntnisstand in den 14 behandelten Regionaleinheiten (Schwarzburger Antiklinorium, Fränkisch-thüringisches Schiefergebirge, Münchberger Kristallinkomplex, Fichtelgebirge und nördlicher Oberpfälzer Wald, Vogtland, Erzgebirge, Mittelsachsen/Granulitgebirge, Elbezone, Lausitzer Masse, Nordsächsisches Schiefergebirge, Nordwestsachsen, Synklinale von Vesser, Zone Erbendorf-Vohenstrauß, Bayerischer Wald/Oberpfälzer Wald.

Die Beschreibung der stratigraphischen Einheiten, vorwiegend Formationen bzw. Folgen, seltener Gruppen, Hauptgruppen oder Schichten bzw. members, erfolgt nach dem genannten Schema innerhalb der 14 Regionaleinheiten. Dabei werden zunächst die Grundlagen der stratigraphischen Gliederung in jedem Gebiet kurz skizziert. Dann ist in jeder Regionaleinheit die stratigraphische Abfolge des Präsilurs vom Hangenden zum Liegenden, d. h. entsprechend dem Fortschreiten der stratigraphischen Erforschung, beschrieben. Das sind 10 Gruppen und reichlich 20 Formationen im Ordovizium, rd. 12 Gruppen bzw. Untergruppen und rd. 40 Formationen im Kambrium, ca. 10 Gruppen und einzelne Formationen im Vendium sowie rd. 10 Gruppen und 10 Formationen im Riphäikum. Darin sind die Einheiten in höher metamorphen Gebieten eingeschlossen; die stratigraphische Einstufung betrifft die Metamorphit-Protolithe.

Das Ordovizium ist meist gut gegliedert und paläontologisch zufrieden stellend belegt. Sandig-quarzitische und tonmineralpelitische Einheiten sind charakteristisch. Stratiforme silikatisch-oolithische Thuringit-Chamositerze finden sich im höheren Teil mehrfach. Karbonate fehlen weitgehend, Kieselpelite, Schwarzschiefer und Grauwacken ganz. Basische Vulkanite sind gebietsweise häufig. Weite Bereiche des behandelten Raumes lassen sich recht gut auch in Einzelheiten korrelieren.

Das Kambrium ist lithologisch außerordentlich bunt und gebietsweise paläontologisch gut belegt. Charakteristisch sind Karbonate, Schwarzschiefer, basische und saure Vulkanite sowie Quarzite in mehreren Niveaus. Bereichsweise treten Kieselpelite, Sulfiderze und Grauwacken in den tonmineralpelitischen Grundgesteinen auf. Lokalgliederungen herrschen vor. Beckenweite Korrelationen stecken noch in den Anfängen.

Das erst kürzlich in mehreren Regionaleinheiten paläontologisch belegte Vendium ist oft durch z. T. konglomeratführende, sonst monotone Grauwacken und Grauwackenpelite charakterisiert; z. T. sind basische Vulkanite häufig, z. T. treten Tonmineralpelite auf. Karbonate sind sehr selten, Kieselpelite auf die höchsten Teile beschränkt. Die Zuordnung der hier eingestuften Einheiten ist oft mit Unsicherheiten belastet (z. B. Arber-Gruppe, Frauenstein-Gruppe).

Als Riphäikum (Prä-Vendium) sind mächtige Gesteinfolgen ausgehalten, die wiederum vorwiegend aus (Meta-)Grauwacken und Grauwackenpeliten bestehen. Tonmineralpelite treten insbesondere in der Zone Münchberg – Mittelsachsen auf und finden sich sonst nur als verhältnismäßig geringmächtige Einschaltungen (z. B. Měděnec). Monotone Abschnitte wechseln mit etwas bunteren Bereichen, in denen geringer mächtige Karbonate, vorwiegend saure (Meta-)Vulkanite, vereinzelt auch Schwarzschiefer und Kieselschiefer auftreten. Erste Fossilfunde liegen im Schwarzburger Antiklinorium aus dem höchsten Teil des Riphäikums vor; Problematika auch in tieferen Bereichen. Korrelationen sind bisher noch schwierig.

Zum Abschluss der Monographie werden die 3 enthaltenen Korrelationstabellen diskutiert, Hinweise zur Lösung offener Fragen und Anregungen zur Fortsetzung der Arbeiten in der Zukunft gegeben.

 

Schlüsselwörter: Becken-Rekonstruktionen, Biostratigraphie, Fossilführung, Kambrium, Lithostratigraphie, Ordovizium, Radiometrische Daten, Riphäikum, stratigraphische Korrelationen, stratigraphische Tabellen (Supergruppe, Gruppe, Folge, Formation, Schichten), Tektonostratigraphie, Vendium.

Bayerischer Wald, Elbezone, Erzgebirge, Fichtelgebirge, Fränkisch-thüringisches Schiefergebirge, Granulitgebirge, Lausitzer Masse, Mittelsachsen, Münchberger Kristallinkomplex, Nordsächsisches Schiefergebirge, Nordwestsachsen, Oberpfälzer Wald, Schwarzburger Antiklinorium, Vesser-Synklinale, Vogtland, Zone Erbendorf-Vohenstrauß.